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                                                                                             Jennifer Schirrmacher,
Ruhr-Universität Bochum

Ein Hauch von Nerz“ (Kastilan, 2020), so leitet die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einen Beitrag über die Notschlachtungen von ca. 15 Millionen Nerzen auf einer dänischen Pelzfarm Ende 2020 ein. Grund ist die Mutation des SarS-CoV-2 Virus, der Tod der Nerze war aber auch ohne dieses Virus unausweichlich. Der Titel ist ursprünglich einem Film aus dem Jahre 1962 entlehnt, in dem ein Pelzmantel als Auslöser für komödiantische Szenen fungiert.

Nerze werden derweil weiterhin gezüchtet und gehalten, um aus ihrer Haut und ihrem Fell Pelze und Pelzbesätze herzustellen. In der Nutzbarmachung der Tiere und der Perspektive auf Tierleben bestehen viele Ähnlichkeiten zur Massentierhaltung (Braun, 2021), zur Zirkusdressur (Sarther, 2021) und zur Jagd (Groth, 2021), dennoch entfalten die Arbeits- und Handlungsweisen auf Nerzfarmen eigene Dynamiken, die sie für einen praxeologischen Zugang fruchtbar machen.

Das Tragen von Pelzen aus modischen Gründen ist heute in vielen industrialisierten Gesellschaften, neben eher seltenen Notschlachtungen, der offensichtlichste und zugleich paradoxe Grund für ihre Haltung und Tötung. Ob es sich bei Kapuzenbesätzen oder Anhängern an Handtaschen um echtes Fell handelt, ist heute kaum von Laien zu bestimmen. Zwar hat das Tragen von Pelz und der Konsum von tierischen Produkten im Laufe des letztens Jahrhunderts einen Bedeutungswandel erlebt, da ihr Besitz und Konsum als Zeichen von Wohlstand an Relevanz verloren hat. Dennoch sind Pelzbesätze für Mäntel, Schuhe und Taschen ein beliebtes Produkt und das bei gleichzeitiger kritischer Diskussion der Herstellungshintergründen und ihrer Risiken, wie zuletzt die Ausbrüche des mutierten SarS-COV-2 Virus zeigten. Aber auch Schlagzeilen, die die Thematik der Pelzherstellung aufgreifen, betiteln ihre Berichte mit Adjektiven wie „grausam“ (Brauer, 2019; Holidog, 2018), was bereits einen Hinweis darauf liefert, dass Handlungen auf Pelzfarmen durchgeführt werden, die spezifische Auswirkungen auf das Mensch-Tier-Verhältnis haben.

Der Beitrag beschäftigt sich mit den Haltungsbedingungen und der Tötung von Säugetieren, wie dem Nerz, die explizit zum Zwecke der Verwertung ihrer Felle gezüchtet. Im Zentrum dieses Beitrags werden die Nerze näher betrachtet, die in der Regel durch Vergasung getötet werden. Marderhunde, Füchse oder Chinchillas werden ebenfalls für ihre Felle gezüchtet und gehäutet, sind im Vergleich zu den Nerzbeständen und Pelzfarmen in geringerer Zahl verbreitet (Pickett & Harris, 2015). Über den Fortschritt der Domestikation von Wildtieren, wie dem Nerz, sind sich Forscher*innen uneinig. Der Großteil der vorliegenden Quellen beschreibt jedoch, dass die Zeit der Züchtung und Haltung von Pelznerzen (seit rund hundert Jahren) eine zu kurze Zeitspanne sei, um von Domestikation zu sprechen (Stohner et al., 2011, S.22). Die Tiere werden im Zuge dieser Domestikation an den Menschen und seine Lebensumstände angepasst, aus ihrem natürlichen Lebensraum also entfernt, weshalb sie daraus folgend auf positive Art mit dem Menschen interagieren sollen (Pickett & Harris, 2015, S.5). Pelzfarmer*innen geht es aber vor allen Dingen um die Beschaffenheit und Qualität des Fells (ebd.). Wie im weiteren Verlauf zu lesen sein wird, ist eine zutrauliche Interaktion zwischen Mensch und Nerz auf Pelzfarmen nicht vorzufinden. Begrifflich ist interessant, dass das Wort „Pelz“ bereits kennzeichnet, dass es sich um ein Kleidungsstück handelt, welches aus dem Fell eines Tiers gewonnen wurde (Duden, 2021).

Ist der europäische Nerz und auch weitere Unterarten der Marderverwandten im Zuge der Jagd seit dem 17. Jahrhundert nahezu ausgerottet worden (Nowak, 2014, S.16; Bachmann, 2020), wird heute vornehmlich der amerikanische Nerz, Neovison vison oder auch Amerikanischer Mink, gezüchtet und an menschliche Ansprüche angepasst, um ein ertragreiches und weiches Fell in spezifischer Farbausprägung zu erhalten (Brauer, 2019). Im weiteren Verlauf sollen die Vorgänge und Handlungen der Züchter*innen und Farmer*innen, die die Tiere zunächst am Leben halten, die Qualität ihres Fells sicherstellen wollen und auch bei der Tötung der Tiere vor allem eine Verunreinigung und Beschädigung des Fells zu vermeiden versuchen, betrachtet und beschrieben werden. Der Aspekt der Züchtung wird dabei nur en passant Erwähnung finden, in erster Linie sollen die spezifischen Farmpraktiken, also die Art der Haltung, ihre Implikationen und die spezifische Tötung durch Vergasung Gegenstand dieses Beitrags sein.  Der herauszuarbeitende Aspekt der Gewalt soll vor allem an den Gewalterfahrenden rekonstruiert werden, den Tieren.

Da die letzte Pelzfarm in Deutschland 2019 geschlossen wurde und Verbesserungen des Tierschutzes in den letzten Jahren gesetzlich an Bedeutung gewonnen haben, behandelt ein Großteil des vorliegenden Materials die Umstände in Farmen außerhalb von Deutschland und vor dem Jahr 2019. Auch wenn das Thema Pelzfarmen durch die Schließungen in Deutschland zunächst an Aufmerksamkeit verloren hat, bietet das Mensch-Tier-Verhältnis nach wie vor Stoff für Diskussionen und Streitgespräche. In einigen untersuchten Arbeiten von Veterinärmediziner*innen wird das Wohlbefinden bzw. Wohlergehen von Tieren als Abwesenheit von (erkennbarer) Krankheit und Verletzungen beschrieben (Nowak, 2014, S.32). Wie Pickett und Harris aber richtig anmerken, sind einheitliche Standards zur Feststellung tierischen Leids eine Herausforderung, da Tiere ihre Empfindungen und Gefühle nicht in derselben Weise sprachlich wie Menschen ausdrücken können (2015, S.15-16). Demnach sind Verhaltensänderungen und -auffälligkeiten eines Tieres nicht immer ein eindeutiges Anzeichen für ein Leiden und das Ausbleiben solcher Anzeichen schließt nicht aus, dass ihr Wohlergehen beeinträchtigt ist. Wenig verwunderlich scheint somit, dass nur wenige der Veterinär*innen, die selbst Pelzfarmen inspizieren und prüfen, augenscheinliche Verwundungen und eindeutige Anzeichen für gewaltvolles Halten der Tiere gegenüber und auch verletzungsförderndes Verhalten der Tiere untereinander feststellen, zumal eine Untersuchung aller Farmkäfige mit beispielsweise 150.000 Tieren zeitlich und personell kaum umsetzbar ist (ZDF funk Y-Kollektiv, 2017).

Für die folgenden analytischen Beschreibungen ist ein reflexiver und differenzierter Umgang mit dem Material notwendig, da einerseits Bild- und Videomaterial von Tierrechtler*innen aufgezeichnet wurde, die vor allem Verletzungen der Tiere zeigen und andererseits wenig schriftliche Quellen über den expliziten Umgang und das Vorgehen der Mitarbeiter*innen auf den Farmen existieren. Dies liegt nicht zuletzt an der schwierigen Erreichbarkeit von Farmbetreiber*innen, die Menschen von außen meistens keinen Zugang zu ihren Farmen gewähren. Es soll somit versucht werden ein Ineinandergreifen dieser unterschiedlichen Quellen hin zu einer Beschreibung von Pelzfarmpraktiken zu erreichen.

Pelzfarmen und Pelze

Waren Pelze vor einigen hundert Jahren noch ein Zeichen für materiellen Wohlstand und Bestandteil kultureller Praktiken und Traditionen, so sind Pelze in aufsteigenden Industrienationen mit Entstehung der Massentierhaltung zunächst zum Luxusgut geworden, welches sich mehrheitlich der wohlhabende Teil der Bevölkerung leisten konnte (Bujok, 2015; Bergmann, 2007, S.8). Gegenwärtig werden Echtpelze vor allem zur Modifikation von Accessoires wie Taschen oder zum Kragenbesatz für Mäntel und Kapuzen verarbeitet, welche je nach individuellem Geschmack konsumiert werden. (siehe Abb. 1).

Abbildung 1: Kapuzenpelzbesatz, Quelle: Pelzchen-Mode

Über die Zeit haben aber auch Kunstpelz oder andere Materialien den Markt erobert, dennoch gibt es allein in Europa mehr als 40 Millionen Nerze auf Pelzfarmen (Pickett & Harris, 2015, S.11). Ihr weiches Fell und die kostengünstige Haltung von Nerzen machen sie zu beliebten Pelztieren (Nowak, 2014, S. 1, 9). Eine Analyse der Motivationen hinter der Pelzproduktion sollen im Folgenden vernachlässigt werden, zu erwähnen bleibt aber, dass die Praktiken und die Arbeitsweisen zur Herstellung von Pelzartikeln heute noch stark verwurzelt in den überlieferten Wissensbeständen von Pelztierzüchter*innen, Kürscher*innen (Metz & Metz, 2021) und dem Rauchwerk sind und in Ländern wie Dänemark oder Finnland als Familienbetriebe fortbestehen (Riechelmann, 2020). Trotz der Veränderungen von Tierschutzgesetzen und den Auflagen zur Haltung von Pelztieren, wurden die Praktiken der Herstellung von Pelzartikeln in den letzten hundert Jahren kaum transformiert.

Das Erstarken verschiedener Tierrechtsbewegungen und die damit einhergehende Veränderungen des Tierschutzes zeigen in Deutschland eine Veränderung des kulturellen Verständnisses dessen, was rechtlich erlaubt ist und ethisch vertretbar. Das Tragen von Pelz ist zunehmend als Tierquälerei verstanden worden, was nicht zuletzt die Reaktionen auf die Notschlachtungen in Dänemark zeigen (Groth et al., 2021). 2017 sind die Bedingungen und Auflagen für das Betreiben von Pelzfarmen in Deutschland verschärft worden, beispielsweise mehr Platz für Tiere schaffen und Nerzen einen Zugang zu Schwimm- und Tauchmöglichkeit bieten, was einen hohen Kosten- und Umbauaufwand nach sich zieht (Göring-Eckardt & Hofreiter, 2017, S.1-2). Aus diesen Gründen haben sich wie eingangs erwähnt wurde 2019 die letzten deutschen Pelzfarmer*innen gegen eine weitere Betreibung ihrer Farm entschieden. An dieser Stelle zeigt sich bereits, dass die Tradition der Pelztierzüchtung (Stichler, 2020) durchaus aufgegeben werden kann. 

Abgelöst vom Leib des Tiers, das dieses Fell in seiner Haut trug, zeigt der Besatz einer Kapuze, wie auf Abb. 1 zu sehen ist, weder Anzeichen seiner Herkunft, dem Tier, der Häutung und der Tötung, noch wird an den Überresten ohne weiteres erkennbar, welche Schritte der Behandlungs-, Vorgehens- und Arbeitsweise hinter einem Pelz liegen. Der eigentliche Beginn der Herstellung des Pelzes beginnt wesentlich früher, angefangen bei den frisch geborenen Nerzen, über die Haltung und Tötung, bis zur Verarbeitung der abgezogenen Haut samt Fell. Um ein Verständnis für eben diese Vorgänge zwischen menschlicher Aufzucht von Nerzen und ihrer Tötung in einer Gasbox zu erlangen, sollen die Käfighaltung und das am Leben halten der Nerze betrachtet werden, die der handelnde Mensch am und mit dem Nerz ausführt.

Die Bebauungsflächen und somit der Ort an dem Pelzfarmen eingerichtet werden, sind wohl gewählt. Die Abgeschiedenheit und geografische Verortung haben einen grundlegenden und erklärenden Charakter für die Prozesse, die auf den Farmen stattfinden und die Praktiken, die dort ausgeführt werden (ZDF funk Y-Kollektiv, 2017.; ZDF funk STRG_F, 2020; ARD Plusminus, 2017). Pelzfarmen benötigen aber auch viel Platz, damit eine große Menge an Tieren dort untergebracht, ihre Kadaver nach der Tötung deponiert und ihre abgezogene Haut samt Fell für den weiteren Transport gelagert werden können. Die Fläche muss gleichzeitig für Logistik, Fütterung, und Begutachtung der Tiere gut erreichbar bleiben, was die dichte Käfigaufstellung erklärt. Außerdem haben sich Großgehege vor rund 100 Jahren negativ auf die Pelzqualität ausgewirkt, weshalb sich heute platzsparende Einzelkäfige, „Nerzschuppen“, etabliert haben (Nowak, 2014, S.19).

Das untersuchte Videomaterial und die darin auftretenden Individuen bestätigen den nahezu unmöglichen Zugang für Externe zu solchen Farmen und ihre Intransparenz bezüglich ihrer Arbeitsweise. Die Farmbesitzer*innen wünschen keine Zuschauer*innen und gewähren keinen Eintritt in ihre Farmen (ZDF funk Y-Kollektiv, 2017; ZDF funk STRG_F, 2020).

Käfighaltung von Nerzen

Um einen Eindruck von und einen Zugang zu der Situation der Tiere auf den Farmen und in den Käfigen zu erlangen, wird für die folgenden Beschreibungen Bild- und Textquellen unterschiedlicher Art betrachtet und verwendet. Es werden verschiedene Beiträge und Kurzdokumentationen herangezogen, die in vielen Fällen in Kooperation mit Tierschützer-innen, zum Beispiel von Peta entstanden sind. Da in den allermeisten Fällen eine Besichtigung der Betriebe durch Farmbesitzer*innen nicht gestattet wird, haben Tierschützer*innen die Farmen bei Nacht durch illegal verschafften Zugang inspiziert und Aufzeichnungen der Bedingungen vor Ort gemacht. Die dadurch entstandenen Bilder und Videos wurden für die Medienbeiträge geschnitten. Ein Großteil der Aus- und Zuschnitte dient i.d.R. zur Untermauerung der Argumentationsstränge von Tierschützer*innen. Vor allem Peta war in der Vergangenheit des Öfteren Kritik ausgesetzt, nicht zuletzt wegen grenzüberschreitender Vergleiche des Tierleids mit dem Holocaust (o.A., 2012). Ein Großteil der Filmquellen und Bilder, zeigen und beschreiben Umstände in Pelzfarmen außerhalb von Deutschland, wie z.B. Polen oder Dänemark.

Im Sinne eines praxeologischen Zugangs und um die Praktiken auf Pelzfarmen zu beschreiben, werden die Käfige, in denen Nerze gehalten werden, als Artefakte verstanden und beschrieben.

Dabei werden die Käfige in besonderer Weise als Artefakt verstanden, über dessen Einsatz für die Pelztierhaltung bestimmte Praktiken und Prozesse von Gewalt ermöglicht bzw. fortgesetzt und aufrechterhalten werden. Im Sinne der Akteur-Netzwerk Theorie nach Latour entstehen und verändern sich Handlungsspielräume durch die wechselseitige Interaktion zwischen Subjekten (Akteuren), also die Mitarbeiter*innen einer Farm und Aktanten (Dinge und nichtmenschliche Tiere), hier Artefakte wie Käfige und Pelztiere (Latour, 2005).

Ein primärer Zweck von Käfigen ist die Separierung und der Freiheitsentzug der Tiere (Mönning, 2014, S.259). Käfige unterschiedlicher Art und Beschaffenheit werden für die Haltung von Haustieren und Nutztieren verwendet. Für die Haltung von wilden (Nutz)Tieren, wie z.B. der Pelztiere, weisen sie aber keine Merkmale auf, die sie zu einem geeigneten Ort als Lebensraum für ein Tier auszeichnen. Es wurde bereits während der Recherche deutlich, dass die Haltung von Pelztieren in Käfigen und die Sicherstellung ihres physischen und psychischen Wohlergehens in breiten Kreisen der Sozial- oder Geisteswissenschaft wenig Aufmerksamkeit findet. Gründe hierfür liegen vor allem in der kulturell verankerten und etablierten Perspektive auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, welches gekennzeichnet ist von Dichotomisierung und Hierarchisierung, in dem Tiere als Gegenbegriff, in Mütherichs Worten als „Antithetisches Konstrukt“ des Menschen konstruiert werden (Mütherich, 2015). Hierdurch wird ein Tier zum Ding ohne Subjektstatus (Joy 2013, S.133), wodurch eine gegenwärtige Auseinandersetzung und Analyse mit der der verschränkten Beziehungen nicht ohne weiteres offen vorliegt, sondern vielmehr ein hohes Maß Maß an Gesellschafts- und Selbstkritik erfordert. Dies macht eine wissenschaftliche Analyse einerseits fruchtbar. Andererseits können die greifenden und aktiven Realitätskonstruktionen die Zugänge zum Forschungssubjekt/objekt erschweren, zumal die Affekte und Emotionen von Tieren nicht auf diese Weise ausgedrückt werden können, die Menschen eindeutig zu verstehen wissen.

Zu welchem Zwecke Käfige verwendet werden und welche Funktion sie erfüllen, bedarf meist kaum einer Erklärung. Tierkäfige, vor allem jene, in die Tiere gesperrt werden, um räumlich eine Distanz zwischen Mensch und Tier zu schaffen und um den Freilauf von Tiere zu begrenzen und zu überwachen, wurden in ihrer Funktionsweise und -nutzung über die Zeit hinweg kaum verändert. Vor allem aber ihre Qualität, Größe sowie Material wurden jedoch dem entsprechenden Zweck und Nutzen angepasst. Dieser Wissensbestand über die Nutzung von Käfigen ist in der Regel ohne Weiteres abrufbar und daraus resultierende Praktiken ein leichtes für versierte Pelzfarmer*innen. Wie in dem vorliegenden Videomaterial zu erkennen ist, verhalten die Nerze sich auf eine bestimmte Weise, wenn eine Hand in den Käfig greift und sie dem Käfig entnommen werden. Hierbei scheint ebenfalls als allgemeingültiger Wissensbestand vorzuliegen, dass Tiere, hier Nerze, sich Wehren und Winden, wenn sie gegen ihren Willen gepackt, am Schwanz festgehalten werden oder sie Schmerzen haben (Holidog, 2018; Animal Rights Watch, 2007). Bei der Entnahme aus dem Käfig muss gleichzeitig jeder Griff des*der Mitarbeitenden nach einem Nerz an die Bewegungen des Tieres angepasst werden, um Verletzungen an Händen und Armen zu vermeiden. Dabei gilt meistens das Tier ohne Beschädigung des Fells und ohne großen Kraftaufwand greifen zu können. In den verschiedenen Videos entnehmen die Mitarbeiter*innen die Nerze an ihrem Schwanz aus dem Käfig (siehe Abb. 2). Aus dem Käfig entfernt hängen die Nerze mit dem Kopf zum Boden in der Hand des Menschen herab. Ihr Bewegungsradius wird in dieser Position wieder, aber auf neue Weise in außerhalb des Käfigs beschränkt, da sie in dieser Haltung weder weglaufen können, noch den Menschen zu beißen oder zu kratzen vermögen. 

Abbildung 2: Entnahme eines Nerzes aus dem Käfig, Quelle: Last Chance for Animals

Die Farmmitarbeiter tragen Arbeitshandschuhe, um ihre Hände vor Bissen und Kratzern zu schützen (Animal Rights Watch, 2007; ZDF funk STRG_F, 2020; Bachmann, 2020). Sie sehen robust und kratzfest aus, was gleichzeitig darauf hinweist, dass die Stärke eines Griffs nach einem Nerz oder das Packen am Schwanz unterschätzt werden kann, da das dicke Material des Handschuhs ein Gefühl für den fleischlichen Körper eines Nerzes behindert (siehe Abb. 2). Hier manifestiert sich in dem Tragen von Handschuhen also das Wissen darüber, dass bei dieser Form der Arbeit am und mit dem Tier Farmmitarbeiter*innen verletzt können. Sich gegen ein Tier in der Größe eines Nerzes durchzusetzen und es bei Bedarf gewaltvoll in einen Käfig zu zwängen oder es herauszuholen, scheint ein leichtes für einen Menschen mit schützenden Handschuhen. Sobald das Tier zurück ist in seinem Käfig, ist erneut eine räumliche Abgrenzung zwischen Mensch und Tier entstanden. Bisse und Kratzen des Tiers sind nicht länger Optionen für das Tier, um sich gegen den Menschen zu wehren und auch der Mensch muss nicht länger die widerspenstigen Bewegungen des Tieres kontrollieren und abwehren.

Um einen Eindruck von und einen Zugang zu der Situation der Tiere in den Farmkäfigen und der Menschen auf den Farmen zu erlangen, wird stark auf Videomaterial zurückgegriffen. Es werden verschiedene Beiträge und Kurzdokumentationen herangezogen, die in vielen Fällen in Kooperation mit Tierschützer-innen, zum Beispiel von PETA (People for the ethical treatment of animals) entstanden sind. Da in den allermeisten Fällen eine Besichtigung der Betriebe durch Farmbesitzer*innen nicht gestattet wird, haben Tierschützer*innen die Farmen bei Nacht durch illegal verschafften Zugang inspiziert und Aufzeichnungen der Bedingungen vor Ort gemacht. Die dadurch entstandenen Bilder und Videos wurden für die Medienbeiträge geschnitten. Ein Großteil der Aus- und Zuschnitte dient i.d.R. zur Untermauerung der Argumentationsstränge von Tierschützer*innen. Vor allem Peta war in der Vergangenheit des Öfteren Kritik ausgesetzt, nicht zuletzt wegen grenzüberschreitender Vergleiche des Tierleids mit dem Holocaust (o.A., 2012). Ein Großteil der Filmquellen und Bilder, zeigen und beschreiben Umstände in Pelzfarmen außerhalb von Deutschland, wie z.B. Polen oder Dänemark.

Für die Gewinnung von Pelz und seiner weiteren Verarbeitung werden heute sowohl in geringen Mengen Wildtiere gejagt als auch gezüchtet. Jährlich werden schätzungsweise über 95 Millionen Tiere für Pelze gezüchtet. Die Jagd von Tieren zur Pelzgewinnung wird derzeit nur noch für bestimmte Tiergattungen ausgeübt, deren Züchtung und Haltung besonders aufwendig sind, wie es z.B. bei Robben der Fall ist (Nungesser, 2018, S.166). Nerze sind derzeit die Hauptlieferanten für Felle bzw. Pelze (Nowak, 2014, S.1). Durch die Haltung von Wildtieren in Käfigen, wie dem Nerz oder Fuchs, wird es für die Tiere unmöglich ihr arttypisches Verhalten auszuleben (ebd.). Diese Einschränkung kann sich in Form von Verhaltensstörungen unterschiedlicher Art ausdrücken. 

Auf den Farmen verbringen Nerze in etwa fünf bis sechs Monate in Drahtkäfigen, bis sie für die Tötung aus den Käfigen entfernt werden, um daraufhin gehäutet zu werden (ZDF funk Y-Kollektiv, 2017). Der gezüchtete amerikanische Mink verbringt demnach sein gesamtes Leben, fünf bis sechs Monate, in einem Käfig auf einer Farm. Der richtige Zeitpunkt für die Tötung und die Auswahl der Tiere werden im Fachjargon „Pelzernte“ genannt (Animal Rights Watch, 2007; ARD Plusminus). Dieses Geschehen findet i.d.R. in den Wintermonaten November bis Dezember statt (Nowak, 2014, S.20-21), wenn die Nerze ein „reifes“ Fell ausgebildet haben (Animal Rights Watch, 2007). In den meisten Fällen handelt es sich um Jungtiere, die von ihrer Geburt im Frühling bis zu ihrem Tod im Winter auf den Farmen in Käfigen leben (Nowak, 2014, S.1). So sind die Tiere die Monate ihrer Gefangenschaft verschiedenen Wetter- und Witterungsbedingungen ausgesetzt. In den heißen Sommermonaten ohne Zugang zu Wasserstellen, können Nerze sich nicht abkühlen, um ihre Körpertemperatur zu regulieren (Korhonen et al. 2013, S.247). Eine vorhandene Wasserstelle würde für die Farmer*innen eine weitere Aufgabe und Tätigkeit bedeuten, da diese in Stand gehalten werden müssen. Bei Minusgraden im Winter können für die nicht „reifen“ Tiere das Futter und die Trinkgefäße einfrieren (ZDF funk STRG_F, 2020; ARD Plusminus, 2017). Daraus lässt sich ableiten, dass auch die Tiere, die in ihren Käfigen oftmals weder Versteck-, Kletter- und Nistmöglichkeiten haben noch mit einem wärmespeichernden Bodenbelag ausgestattet sind, Schwierigkeiten haben ihre Körpertemperatur zu regulieren. Die Käfige in der Pelzindustrie bestehen heute gänzlich aus einem Drahtgeflecht, das üblicherweise keinen Einlegeboden oder Platten enthält (Krautter, 2011, S.36). Den Erträgen der Farmbesitzer*innen kommt das jedoch zugute, da das Fell der Nerze im Laufe der Züchtung durch die kalten Winterwochen dichter wird (Kuscha, 2011, S.26). Der Blick der Farmer*innen konzentriert sich auf das Fell der Tiere und seine Qualität, ausreichend Futter und Trinkmöglichkeiten können dabei unberücksichtigt bleiben. So wird deutlich, dass die Pelztiere für die Farmer*innen nicht mehr sind als „eingeschlossenes Geld“ in Käfigen (ARD Plusminus, 2017).

Zu Beginn der Nerzzucht, die eine lange Tradition hat, wurden die Käfige auf Naturboden platziert, wodurch die Nerze festen Grund und Kontakt zum Boden unter ihren Pfoten hatten (Kuscha, 2011, S.10). Heutzutage werden die Käfige zur Arbeitserleichterung in einer Höhe von ca. 1m befestigt. Der Käfig als solcher hat sich hierdurch nicht verändert, die Folgen für das Tier aus der veränderten Anbringungshöhe jedoch schon. Für dieses ist nun nicht mehr primär sein Bewegungsraum stark begrenzt, sondern das Stehen in und auf den Gitterstreben verursacht Schmerzen, die nicht vermieden werden können.

Arbeitserleichterung meint in diesem Fall, dass der Kot der Tiere durch die Käfige auf den Boden fallen kann, weshalb sich Angestellte in Pelzfarmen nicht bücken müssen, um Käfige zu reinigen oder die Tiere zu füttern (ebd.). Auch Stohner et al. (2011) schreiben von einer Zeit- und Arbeitsersparnis durch das Anbringen der Käfige in ca. 1m Höhe, sowie über daraus resultierende Pfotenverletzungen der Tiere (S.47). Der Schmerz in den Pfoten der Tiere bedeutet Arbeitserleichterung für den Menschen auf der Farm. Der menschliche Körper und der Käfig üben in diesem Prozess einen wechselseitigen Einfluss aufeinander aus, aus dem eine Gewalterfahrung für das Tier resultiert. Diese erfährt das Tier, ohne vom Menschen berührt zu werden.

Das Betreiben und Arbeiten auf einer Pelzfarm bleiben weiterhin schwere körperliche Arbeit, obgleich dieser erleichterten Erreichbarkeit der Käfige und Tiere (Open Cages, 2020). Diese spezifische Veränderung der Aufhänghöhe der Käfige zeigt aber auch, in welchen Bereichen  sich die der Prozess der Pelzherstellung in den letzten hundert Jahren verändert hat und an menschliche Bedürfnisse angepasst wurde. Haben Menschen sich anfänglich noch bücken müssen, um die Tiere zu füttern oder die Käfige zu säubern, damit eine gute Qualität des Fells erhalten bleibt, sind für die heutigen Farmer*innen die Käfige auf Korpushöhe beständiger und gewohnter Alltag.

Aus dieser Art der Haltung ergeben sich verschiedene Probleme für die Tiere, die sich selbst Wunden zufügen oder durch benachbarte Tiere gebissen und gekratzt werden, was Ausdruck der Beeinträchtigung ihrer arttypischen Lebensweise ist (vgl. Nowak, 2014). Verletzte Tiere können ein Problem für den*die Betreiber*in einer Farm darstellen, sobald der Bereich des Fells beschädigt wird, der später entscheidend für die weitere Verarbeitung ist. Entgegen den Ausführungen von Kuscha, wonach die Käfige mit Abstand zueinander aufgebaut werden, zeigt das umfangreiche Bild- und Videomaterial eine andere, vielmehr eine weitere Realität von Pelzfarmen (Kastilan, 2020; ZDF funk Y-Kollektiv, 2017).

Die Möglichkeit von Wundinfektionen steigt durch die von Fäkalien verunreinigten Käfige und ihren Drahtgitterböden (Krautter, 2011, S.11). In dem Interview eines ehemaligen Farmmitarbeiters (Open Cages, 2020) berichtet dieser von der Versorgung von Wunden über ein Puder, welches die Wunde zunächst versorgt und eine Verunreinigung des fells zu verhindert versucht, aber keine langfristige Heilung erzielt.  Das Tier samt Fell soll vor allem am Leben gehalten werden, bis es ein für den Verkauf geeignetes Fell entwickelt hat. An dieser Stelle werden zunächst keine negativen Folgen für menschliche Akteure vermutet. Durch die Anhäufung dieser Kotberge unter den Käfigen und auf dem Naturboden aber können neben der Entstehung unangenehmer Gerüche auch große Mengen Phosphat und Stickstoffverbindungen durch die Erde sickern und das Grundwasser belasten (Krautter, 2011, S.13). Des Weiteren reizen die so entstehenden Ammoniakgase die Schleimhäute der Tiere (Animal Rights Watch, 2007). Der Gestank, der Fliegen anlockt, wird von verschiedenen Tierschützer*innen, aber auch Anwohner*innen als kaum erträglich bezeichnet (ZDF funk Y-Kollektiv, 2017). Es liegen keine Aufzeichnungen über die Reaktionen und Umgangsweisen der Farmer*inen auf diesen Gestank vor. Eine Möglichkeit, sich vor den Gerüchen zu schützen sind Nasenklemmen oder geruchsneutralisieren Salben, die unter die Nasenlöcher aufgetragen werden, um mehrere Stunden am Tag die Gitterkäfige abzugehen und der Farmarbeit nachzugehen.

Die Größe der Käfige für Einzeltierhaltung beträgt in ihrer Grundfläche Europaweit ca. 0,25m², was in etwa einem Schuhkarton entspricht (Krautter, 2011, S. 31; Pelzinfo, 2021). Nerze legen in ihrer natürlichen Umgebung täglich mehrere Kilometer zurück und nutzen verschiedene Gelegenheiten, um in Bächen und Seen zu schwimmen oder nach Nahrung zu tauchen (Wollenteit, 2002, S.200; Nowak, 2014, S.12). Durch die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Abwesenheit von Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten, können Pelztiere ängstliches Verhalten und Verhaltensstörungen, auch Stereotypien genannt, entwickeln (Krautter, 2011, S.34; Nowak 2014; Kuscha, 2011). Diese Angst, die zu Stress und Panik führen kann, hat Verhaltensweisen wie das Abbeißen eigener Gliedmaßen, das Beißen und Kratzen der benachbarten Tiere oder/und Kannibalismus zur Folge (Krautter, 2011, S.34, S.39; Sun et al., 2013). Das „Self-biting behavior“ (Sun et al., 2013) kann zu oxidativem Stress führen, d.h. es kommt im Körper zu einer hohen Menge an freien Radikalen, auf die das Immunsystem nicht angemessen reagieren kann. So kann es zu Zellschädigung kommen und folglich psychische Störungen verursachen (ebd., S.52). Diese Entwicklungen können wiederum Verhaltensstörungen auch gegenüber anderen Tieren begünstigen. Üblicherweise wird zur Herstellung von Pelzen der Teil vom Hals bis zum Steißbein verwendet, Extremitäten. Die häufigsten Verletzungen entstehen im Bereich des Kopfes, Schwanzes und der Pfoten, weshalb das Ziel eines hochwertigen Fells des*der Palzfarmer*in nicht bedroht ist. Zu den artuntypischen Verhaltensweisen von Pelztieren zählt auch das intensive Kratzen an den Gitterkäfigen (Nowak, 2014, S. 127; Düpjan & Puppe, 2016). Dieses Kratzen und Beißen anderer Tiere und an den Käfigen, aber auch das Quieken und Fiepsen von Nerzen verursacht hörbare Laute, wie in dem Videomaterial hörbar ist. In dem Videobeitrag von Last Chance for Animals (2018) wird darauf hingewiesen, dass Nerze diese Art der Laute von sich geben, wenn sie Schmerzen haben. Um diese Geräusche nicht mehr als Schreie vor Angst und Schmerz zu verstehen und zu interpretieren, bedarf es Übung und Routine auf der Seite der Farmer*innen. Sie werden nach einiger Zeit auf der Farm und ihrer Arbeiten möglicherweise nicht mehr wahrgenommen und gehören zu der täglichen Arbeit der Pelzfarmer*innen, wie das Arbeiten eines Kaffeemahlwerks in einer Rösterei.

Die Palette an Stereotypien von Pelztieren ist lang und komplex, die der körperlichen Beeinträchtigungen und Missbildungen aber sind am Tier zu sehen. Ein Teil der Tiere entwickelt durch den stark eingeschränkten Bewegungsradius und dem Prozess der Züchtung körperliche Deformationen, Missbildungen und Gelenkfehlstellungen (Picket & Harris 2015, S.5; Riechelmann, 2020). Daraus ergeben sich weitere Bewegungseinschränkung, aber auch weitere Schmerzen. Eine häufige Fehlstellung und Missbildung bildet sich an den Pfoten, was Abbildung 3 illustriert (Krautter, 2011; ZDF funk STRG_F, 2020; Pickett & Harris, 2015, S.5). Somit ist bereits das einfache Stehen oder Sitzen in den Käfigen ohne Schmerzen nahezu unmöglich (Krautter, 2011, S.32).

Abbildung 3: Nerzpfote, Quelle: Animal Rights Watch

Für die üblichen Farmpraktiken ist diese Einschränkung ein möglicher Gewinn, da die Tiere sich (noch) eingeschränkter bewegen und wehren können. Der Griff in den Käfig nach dem Tier braucht weniger Aufmerksamkeit und Flexibilität, da sich das Tier vor Schmerzen kaum bewegt. Abbildung 3 zeigt Nerzpfoten. Es ist erkennbar, dass die Fingerballen und Handballen der Nerzpfoten wenig Auftrittfläche auf dem Boden des Drahtkäfigs zur Verfügung haben, ihre Fingerballen gleiten an den Käfigstreben vorbei. Dadurch wird der Bereich zwischen den Ballen, wo sich Schwimmhäute befinden, beansprucht und belastet. Einfaches Stehen und Sitzen wird zur Belastung für einen Nerz. Eine Möglichkeit, um die Pfoten auszuruhen und zu entlasten gibt es nicht. Nerze beispielsweise können ihre Krallen nicht kontrolliert einziehen (Nowak, 2014, S.10; Deutscher Tierschutzbund, 2019). Durch die Nichtbeanspruchung der Krallen, wie sie es in ihrer natürlichen Umgebung tun, wachsen diese und verursachen zusätzliche Probleme beim Stehen. Für die Art Fütterung der Tiere durch die Farmer*innen bieten sich die beschriebenen Drahtkäfige an. Die Farmer*innen fahren mit einem mobilen Wagen üblicherweise ein- bis zweimal am Tag durch die Käfigreihen und spritzen einen Brei aus Schlachtabfällen, angereichert mit Mineralien, auf die Käfige (Animal Rights Watch, 2007; ZDF funk Y-Kollektiv, 2017). Der mobile Wagen ermöglicht eine weitere Arbeitsentlastung und hilft dabei die großen Farmen in angemessener Zeit abzufahren und jeden Käfig zügig zu erreichen. Den Farmer*innen ist es je nach Wagen und Modell möglich, sitzend die Farm abzufahren und mit einem einfachen Griff das Futter auf die Käfige zu spritzen.

Eine Anpassung an die deutsche Gesetzesänderung im Tierschutzgesetz führt zwangsläufig zu einer Veränderung der routinierten Arbeitsweise der Farmer*innen führen, wie zum Beispiel vergrößerte Käfige, Wasserstellen für Nerze und angeglichene Fütterungsweisen (Göring-Eckardt et al., 2017). In vielen anderen Ländern ohne dermaßen verschärfte Tierschutzgesetze und Auflagen können Farmen wie gehabt betrieben und Tiere gehalten werden. Es liegt nahe, dass eine Umstellung der bis dato erleichterten und geübten Techniken der Farmer*innen eher Ablehnung erfährt, sollten diese Vorschriften thematisiert werden.

Wie nachfolgend zu lesen sein wird, sind die beiden Prozesse der Haltung und Tötung unmittelbar miteinander verwoben, nicht zuletzt wegen der zeitlichen Abfolge aufeinander. Als eine Art Dauerschleife kann bezeichnet werden, was sich auf Pelzfarm zuträgt: Züchtung der Tiere und somit Vermehrung, monatelange Käfighaltung, meist tägliches Füttern, nach ca. fünf bis sechs Monaten Entnahme der Tiere aus dem Käfig und Tötung der Tiere, gefolgt von Abzug der Haut und des Fells. Währenddessen wächst die nächste Generation Pelztiere heran und der Zuchtzyklus beginnt von neuem (Nowak, 2014, S.21).

Tötung von Pelztieren am Beispiel des Nerzes

Die sogenannte „Pelzernte“ von Nerzen wird mehrheitlich durch Vergasung und dem darauffolgenden Erstickungstod durchgeführt (Mononen et al., 2012, S.368). In der Regel findet der Begriff der Ernte in Zusammenhang mit Pflanzen Verwendung. Um die Pelztiere als ‚reif‘ für ihre Tötung zu begreifen, werden sie demnach wie eine reife Frucht betrachtet, deren Zweck ihre Heranreifung und anschließende Ernte für den Konsum ist. Eine Analyse einiger Aspekte der sprachlichen Objektifizierung im Mensch-Tier-Verhältnis nimmt der Beitrag zur Jagd vor (siehe Groth, 2021).

In Europa ist vor allem die Vergasung verbreitet (auch bei Ludders et al., 2019, und Korhonen et al., 2013 als Euthanasie bezeichnet), weil sie im Vergleich mit anderen Verfahren kostengünstig und einfach zu bewerkstelligen ist (ebd., S.241-242). Füchse werden beispielsweise mit Elektroschocks getötet, wobei ihnen eine Elektrode in den Mund, die anderen in den After eingeführt wird (ZDF funk STRG_F, 2020; Pickett & Harris, 2015, S.28). Für die Vergasung der Nerze werden CO (Kohlenstoffmonoxid) oder CO2 (Kohlenstoffdioxid) verwendet (Stohner et al., 2011, S.22). Der Begriff der Euthanasie, als erleichtertes Sterben durch beispielsweise Schmerzlinderung, wird nach Ludders et al. (1999) und Korhonen et al. (2012) dann angemessen verwendet, wenn die Nerze durch die Zufuhr von CO oder CO2 zuerst ihr Bewusstsein verlieren und erst daraufhin das Herz aufhört zu schlagen und keine Hirnfunktion mehr festzustellen ist. Wie eingangs angemerkt wurde, sind Nerze gute Schwimmer und Taucher und verbringen in ihrer natürlichen Umgebung einen großen Teil ihrer Zeit am und im Wasser. Sie können den Atem lange genug anhalten, um eine Strecke von 30 m unter Wasser zurückzulegen und bis zu fünf Meter tief zu tauchen. Außerdem haben sie die Möglichkeit drohenden Sauerstoffmangel wahrzunehmen (Pickett & Harris, 2015, S.28), worauf sie mit Panik und Stress reagieren (Ludders, 1999, S.668). Unklar bleibt, ob ein mögliches Schreien und Kratzen der Nerze in der Box für die Farmarbeiter*innen hörbar ist. Es liegen mehrere Hinweise darauf vor, dass Nerze bei einem Vergasungstod vor Eintritt der Bewusstlosigkeit leiden, weshalb der Begriff der Euthanasie fraglich ist (Ludders, 1999). Ludders et al. Studie ist vor 21 Jahren erschienen, die Tötung durch Vergasung aber ist weiterhin für Pelztiere zulässig und im Einsatz. Auch im Zuge der SarS-Cov-2 Pandemie kam diese Methode, die sogenannte Massenkeulung, zum Einsatz (Bachmann, 2020). Ein Erstickungstod wird allgemeinhin als qualvoll beschrieben, für Pelzfarmnerze aber ist eine Forderung zur Änderung dieser Technik vornehmlich von Tierschützer*innen initiiert.

Nerze werden für gewöhnlich auf den Farmen selbst getötet (Bijveld et al., 2011, S.29). Die Tiere sind zu dem Zeitpunkt der Tötung in etwa sieben Monate alt. Ihre Muttertiere, die vor allem für die Vermehrung und Züchtung eingesetzte werden, werden i.d.R. nicht gepelzt, sondern nach fünf Jahren getötet, wenn sich die Wurfgröße verringert (Stohner et al., 2011, S.22). Die Tötung der Pelztiere ist bereits vor ihrer Geburt festgeschrieben und Teil des etablierten Mensch-Tier-Verhältnisses geworden, in dem sich der Mensch das Tier über Jahrzehnte als nutzbares Gut konstruiert hat.

Sobald die Nerze mit behandschuhten Händen an ihrem Schwanz aus dem Käfig genommen werden, werden sie über eine schmale Öffnung auf der oberen Seite der Tötungskiste in die Gaskammer befördert. Abbildung 4 zeigt einen solchen, ebenfalls mobilen Gaswagen (siehe Abb. 4).

 

Abbildung 4: Tötungsbox ‚Aflivningskass‘ (dänisch für Tötungsbox), Quelle: 2m Group

Das Fassungsvermögen der Boxen variiert, wonach die Menge an CO oder CO2 bemessen wird, welches zur Betäubung und Tötung benötigt wird (ZDF funk STRG_F, 2020). In dem betrachteten Filmmaterial ist zu sehen, dass Nerze sich wehren und vergeblich einen Ausgang aus der Box suchen (SOKO Tierschutz, 2020). „Ein kurzes Rappeln“ (Bachmann, 2020) und innerhalb weniger Minuten sind 30 bis 100 Nerze nacheinander in eine Gasbox gegeben worden (Pickett & Harris, 2015, S.27). Welche Ausbildung und Qualifikation es braucht, um Pelztiere zu vergasen und anschließend zu häuten und ob diese Arbeit von denselben Personen durchgeführt wird, bleibt weitestgehend unklar.

Um die Menge an Tieren auf den Farmen auf ihre ‚Reife‘ hin zu inspizieren und auszuwählen, benötigt es Zeit und Erfahrung. Viele Betriebe in Dänemark sind Familienbetriebe (Bachmann, 2020), in die heranwachsende Pelztierfarmer*innen hineingeboren werden und den geübten Blick für ein ‚reifes‘ und hochwertiges Fell und das Verhältnis zum Nutztier frühzeitig erlernen. Damit einzelne Käfige und Tiere zügig untersucht werden können, werden viele Tätigkeiten in routinierter und schneller Handhabdung durchgeführt. Wehrt und windet sich ein Nerz, wird dieser fester gepackt und mit Nachdruck in die Box gesteckt, (Animal Rights Watch, 2007; Holidog, 2018). Es dauert ca. 5 Minuten, bis der Tod von Nerzen in Folge der Vergasung festgestellt werden kann (Korhonen et al, 2012, S.602). Je nach verfügbarer Anzahl solcher Gaswagen, bringt der*die Farmer*in die erste Ladung Kadaver in einen Lagerraum auf der Farm und setzt die Auslese der Tiere fort (Animal Rights Watch, 2007).

Stohner et al. (2011) liefern Hinweise auf Fälle, in denen Tiere bei unsachgemäßer Nutzung der Gasbox nach der eigentlichen Euthanasie noch am Leben sind (S.22). Zeit spielt bei dieser Tötungstechnik eine zentrale Rolle (Ludders, 1999, S.669). Warten die Arbeiter*innen nicht lange genug nach der Zufuhr des Gases, kann es sein, dass die Nerze ihr Bewusstsein wiedererlangen und sogar bei der Häutung noch leben (Stohner et al., 2011, S.22).

In dem Video „Todeskampf im Gas“ vom SOKO Tierschutz (2020) ist zu sehen, wie ein Mitarbeiter einen anderen Mitarbeiter nach der Öffnung der Gasbox darauf hinweist, dass ein Nerz noch lebt, da er sich bewegt und atmet. Durch diesen Hinweis werden neue und weitere Handlungsweisen initiiert, die eine reibungslose Arbeit auf einer Pelzfarm stören können. Die angesprochene Person greift daraufhin nach dem Nerz, hält diesen wie gewohnt am Schwanz und schlägt ihn mehrmalig mit dem vorderen Teil des Körpers, vorrangig dem Kopf, auf den Rand der Gasbox, um dessen Tod endgültig herbeizuführen. Ein Schlag auf den Kopf ist üblicherweise eine effektive Methode, gerade bei einem kleinen Tier, um dieses zu töten. Letztendlich erfordert die weitere Verarbeitung der Tiere einen leblosen Körper, um die Haut mit Fell problemlos entfernen zu können. Die Kräfte des geschwächten Nerzes reichen nicht aus, um sich durch Kratzen und Beißen zu wehren, die Kraft eines Menschen ist ohnehin der eines Nerzes überlegen. Die eindeutige Feststellung des Todes durch die Mitarbeiter*innen gehört zu ihrer Routine bei der „Ernte“ und Vergasung. Eine Überprüfung verschiedener Anzeichen für Leben, wie Herzschlag, Atem und Bewegung erfordert Zeit (Korhonen, 2013). 

Korhonen et al. (2013) haben eine Befragungsstudie zu der Feststellung des Todes bei Pelzfarmnerzen in Finnland, Dänemark und den Niederlanden durchgeführt. Trotz geringer Teilnahmebereitschaft konnten sie verschiedene Arten der Kontrollmechanismen zur Feststellung des Todes zusammentragen. Der Großteil der Angestellten (ca. 80 %) gab an, eine gewisse Zeit abzuwarten, bis der letzte Nerz in die Box befördert wurde und daraufhin den Tod anzunehmen und die Box zu entleeren (Korhonen et al., 2013, S.247). Den Tod selbst am Tier festzustellen, durch zum Beispiel Überprüfung der Atmung oder Bewegung gaben lediglich 40% oder weniger an. Wie sie bei der Feststellung eines lebenden Nerzes weiterverfahren sind, geht aus dieser Studie nicht hervor. Allgemein gaben sie dennoch an, dass die (vermeintliche) Euthanasie der Tiere eine effektive und nützliche Farmpraktik sei (ebd. S.249). Diese Angaben basieren auf persönlichen Einschätzungen der Farmarbeiter*innen (ebd. S. 247) und können von der Realität abweichen.

Nach der Tötung werden die Nerzkadaver auf ihre weitere Verarbeitung vorbereitet. Da das Fell samt Haut nicht ohne weiteres entfernt werden kann, müssen die Kadaver zunächst einer aufwendigen Vorbereitung unterzogen (Animal Rights Watch, 2007). Diese Prozesse sind mittlerweile weitgehend automatisiert (Bijveld et al., 2011, S.30). Die Pelzproduktion ist nicht in dem Maße mit der Fleischproduktion verbunden, wie es bei Leder der Fall ist (Nungesser, 2018, S.166-167). Die Kadaver der Nerze werden aber ebenfalls verwertet. Sie werden entweder zu Tiermehl verarbeitet oder das enthaltene Fett zur Herstellung von Biodiesel genutzt (Verheyen, 2020).

Ist die Haut und das Fell, der Teil des Tieres, der für die Pelzproduktion relevant ist, bereit für die Behandlung durch Kürscher*innen, ist am Ende von einem Nerz kaum mehr übrig, als ein Hauch.

Mensch-Pelztier-Verhältnis

Wie die Erläuterungen bisher nahegelegt haben, trägt nicht allein der spezifische, lokal begrenzte und zeitliche definierte Herstellungsprozess auf Pelzfarmen zu einer Praktik kollektiver Gewalt bei. Um sich dem eigentlichen Kern des Gewaltmoments zu nähern, ist eine Betrachtung der Mechanismen sinnvoll, anhand derer (Nutz-)Tiere konsumierbar und ‚tötbar‘ gemacht werden (Haraway, 2008, S.43; Wirth, 2011). Donna Haraway erlangte durch die Begriffe „making killable“, die einen Prozess im Mensch-Tier-Verhältnis markieren,  in weiten Teilen der Human Animal Studies große Aufmerksamkeit. Diese Mechanismen und Prozesse sind geschichtlich betrachtet der eigentlichen Ausübung von Gewalt am Tier vorgelagert. Derzeitig lassen sich die Mechanismen und die Tötungen aber kaum isoliert voneinander betrachten, da sie sich wechselseitig aufrechterhalten und ermöglichen.

Da sich der Beitrag zentral mit den Pelzfarmpraktiken beschäftigt hat, werden abschließend nur einige wenige, aber kontextualisierende Worte zur Gewalt an Tieren Platz finden. Arbeiten zu Gewalt an Tieren allgemein liegen derweil in umfangreicher Form und Ausarbeitungen vor. Wie wird also kollektive Gewalt an Nerzen auf Pelzfarmen geübt?

Fischer stellt das Tragen von Pelz nicht nur zu Repräsentationszwecken heraus, sondern auch als Form der Darstellung von symbolisch inszenierter sozialer Macht des Menschen über das Tier (Fischer, 2015, S.196). Viele Broschüren und Bekleidungsgeschäfte werben für Pelz als ein Geschenk an den Menschen, gegeben von der Natur (ebd. S.197). Das Tier wird als „das Andere“ konstruiert (Mütherich, 2015), wodurch Abgrenzung und Verdrängung des Menschen erleichtert werden und gleichzeitig eine Selbstzuschreibung und -identifikation stattfindet. Das Tier wird hierbei jeder Individualität beraubt (Animal Rights Watch, 2007), das sogenannte Naturprodukt Pelz hingegen wird Subjektivität zugeschrieben (Fischer, 2015, S.199) wie beispielsweise auf der Homepage des Deutschen Pelzinstituts zu lesen ist: „Pelz ist als richtiger Naturbursche lufthungrig und möchte so oft wie möglich getragen werden.“ (Deutsches Pelzinstitut, 2021). Die Dichotomisierung von Kultur – Natur und auch Mensch – Tier ist ein bereits seit langer Zeit funktionierender Prozess der Machtzuschreibung und -aneignung, in dem Tiere eine untergeordnete Position bekleiden, über die der kulturfähige Mensch herrschen kann (Fischer, 2015, S.197; Sauerberg & Wierbitza, 2013, S.74). Die sich daraus ergebende Hierarchie im Mensch-Tier-Verhältnis wird vor allem und in besonderer Weise an sogenannten Nutztieren erkennbar. Nicht allein die Unterscheidung von Mensch und Tier, sondern auch die zwischen Nutztier und Haustier begünstigt die Legitimation der Ausbeutung der Tiere (Rude, 2013; Joy, 2013).

Diese Mechanismen und perpetuierten Prozesse tragen dazu bei, Tiere schon vor ihrer Geburt als nutzbar und verwertbar zu konstituieren und wahrzunehmen. Durch geschichtliche Verwurzelung und tiefer Einschreibung dieses sozialen Arrangements in die menschliche Gesellschaft, sind Prozesse der Dichotomisierung selbstverständlich geworden (Bujok, 2015). Es hat sich also über viele Jahre eine gesellschaftliche Akzeptanz und ein Einverständnis über die Tötung von Nutztieren darüber ausgebreitet, dass sie als gewinnbringende Produkte und Lieferanten für Ressourcen begriffen werden (Grimm & Hartnack, 2013, S.375).

Wie anhand des Materials veranschaulicht wurde, werden die Nerze von den Farmbetreiber*innen als profitables Gut gesehen, was in vorherrschenden kapitalistischen Strukturen den Lebensunterhalt sichern soll. Alle Störungen, wie ein agiler Nerz, der zubeißen will oder ein noch lebendes Tier nach der eigentlichen Vergasung, werden versucht durch starken, aber kurzen Körpereinsatz zu beseitigen und die monotone und routinierte Lohnarbeit zu realisieren.

Die Besonderheit an Pelzen und der Pelzmode in Abgrenzung zur Fleischgewinnung ist die explizite und alleinige zur Schaustellung des noch gerade als solchen erkennbaren Stücks Tier eines Bourdieuschen symbolischen Kapitals (Bujok, 2015, S.158). Als käufliche Ressource wird der Pelz getragen und darüber ein gewisser Grad an Prestige und Einstellung zu Mode und Kleidung erzeugt. Auch wenn Pelztragen seine Bedeutung als Zeichen von Wohlstand gegenwärtig verloren hat, haben Pelztierzüchter*innen und Bekleidungshersteller*innen erreichen können Echtpelze als Pelzbesatz an erschwinglichen Modeartikeln zu etablieren (ebd., S.132), wodurch „die sozialstrukturieren Kraft des „Tierkapitals“ jedoch erhalten“ bleibt (ebd., S.158).

Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Ressource ‚Macht‘ ein, die das Subjekt durch diese Aktionen der Erzwingung von Leistungen seitens der Tiere und ihre Unterwerfung wie auch Tötung, hinter denen ein Tier mit Willen steckt, erlangen und demonstrieren kann (ebd. S.178). Dies bestätigt erneut die oft bevorzugte Verwendung von Echtpelz, echte Tierhaut und echtes Tierfell, gegenüber Kunstpelz (ebd.). So konstruiert sich das Subjekt Mensch als „Gewaltausübende[r]“ und das Tier als „Gewalterleidende[s]“ Objekt (Fischer, 2015, S.198). Zur Normalität gehörend (Joy, 2013; Fischer, 2015), wurde diese Form der Gewalt institutionalisiert (Buschka et al., 2013, S. 76) und als Teil einer Kultur hervorgebracht, die zwar nicht die Gewalt per se erfunden, aber soziale Verhältnisse geschaffen hat, die sie rechtfertigen (Thieme, 2015, S.18).

Diskussion

Wie der Beitrag verdeutlich hat, sind Praktiken auf Pelzfarmen als Praktik kollektiver Gewalt zu verstehen. Das Betreiben von Pelzfarmen und die Herstellung von Pelzen sind weiterhin anerkannte und gewinnerzielende Berufe, auf dessen Weg die Pelztiere bis zur Tötung und die Tötung selbst nahezu unsichtbar bleiben. Der Pelz am Ende dieses Herstellungsprozesses trägt keine Spuren dieser Praktiken. Als Jacke oder Pelzbesatz wurde der Haut mit Fell ein neuer Zweck eingehaucht, der Nerz selbst war nur die Saat. Am Ende sind Nerze „reduced to nothing more than a pile of fur for customers to wear”, was die Handlungsmacht des Menschen als ‚Reducer’ hervorhebt (Last Chance for Animals, 2018).

Die Synthese und Rekonstruktion des ausgewählten heterogenen und komplexen Materials hat sich als fruchtbar erwiesen und eine vielfältige Perspektivübernahme ermöglicht. Insgesamt hat sich ein relativ homogenes Bild von den Umständen und den Verfassungen der Tiere auf Pelzfarmen abzeichnen lassen. Detaillierte Erfahrungsberichte von Pelzfarmer*innen über ihre Arbeit hätten den Weg zur Beschreibung von Pelzfarmpraktiken unterstützt und vereinfacht und die Praktiken, ausgeführt von den Pelzfarmer*innen, deutlicher zu Tage treten lassen. Das Nichtvorliegen dieses Materials aber verdeutlicht den Aspekt der Unsichtbarmachung des auf Hierarchie und Nutzbarmachung beruhenden Mensch-Tier-Verhältnisses.

Die einmal erlernten und transformierten Arbeitsweisen auf Pelzfarmen, um die Tiere bis zu ihrer Ernte am Leben zu halten, werden tagtäglich praktiziert und in Familienbetrieben als Tradition an nachrückende Generationen weitergetragen. Das Wissen über die Anforderungen an eine artgerechte Haltung von Nerzen und eine Gewährleistung ihres Wohlbefindens ist hinlänglich bekannt. Eine dahingehende Veränderung könnte die Identifikation von Praktiken kollektiver Gewalt dezimieren.

Jennifer Schirrmacher studies in the master program Social Science (Culture & Person) at the Ruhr-Universität Bochum (September 2021)

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